
Was sind eigentlich Nordlichter? Für die einen sind es geheimnisvolle, farbenprächtige Lichtphänomene, die im Winter am nördlichen Nachthimmel tanzen. Andere wiederum bezeichnen damit scherzhaft Menschen, die in nördlichen Gefilden leben, wobei die (Landes-) Grenzen hier nicht sehr eng gezogen werden. "Nordlichter" - dieses schöne doppeldeutige Wort hat uns auch zu unserer neuen Ausstellung inspiriert. Nach geeigneten Exponaten mussten wir nicht lange suchen, denn unser Glasdepot beherbergt herausragende Arbeiten von faszinierender Strahlkraft, die allesamt von Künstlern stammen, deren Heimaten in den skandinavischen Ländern, Island oder Norddeutschland liegen.
Im Norden hat die Glasverarbeitung eine lange Tradition von Weltruf, die auch heute noch starken Einfluss auf die internationale Kunst- und Designwelt ausübt. Bedeutende Pioniere der europäischen Studioglasbewegung stammen von hier. Zu ihnen gehören zum Beispiel Schwedens berühmtester Glaskünstler und Designer Bertil Vallien (*1938) und der „Urvater“ der dänischen Glaskunst Finn Lynggaard (1930-2011). Zu den weltweit innovativsten und einflussreichsten Glaskünstlern zählt auch der gebürtige Hamburger Klaus Moje (1936-2016), dem es ab den frühen 1980er Jahren gelang, eine Glaskunstbewegung in Australien aufzubauen.
Die nordischen Glaspioniere waren neben ihrer kreativen Arbeit auch Pädagogen - viele ihrer einstigen Schüler haben wiederum mit ganz unterschiedlichen künstlerischen Positionen bedeutende Akzente in der internationalen Glaskunst-Szene gesetzt. Zu diesen ambitionierten und oft preisgekrönten „Nordlichtern“ zählen z.B. das dänische Künstlerpaar Trine Drivsholm und Tobias Møhl, die schwedischen Künstler Kjell Engman und Rasmus Nossbring oder der junge Norweger Geir Nustad.
In unserer neuen Ausstellung zeigen wir vom 25.10.2025 - 6.1.2026 Objekte, Skulpturen und Installationen, die in einem Querschnitt das zeitgenössische nordische Glas präsentieren.
In Betrachtung dieses künstlerischen Potentials aus dem hohen Norden kommen wir zu dem Fazit: Die Glaskunstszene der "Nordlichter" ist abwechslungsreich und spektakulär. Sie hat viel mehr Facetten als die klare, funktionale Ästhetik, die der gemeinhin gängigen Vorstellung von nordischem Glasdesign entspricht. Cooles Design und freie Kunst scheinen sich hier mitunter unvoreingenommen und originell zu vermischen. Glaskunst aus nördlichen Ländern zeigt eine ebenso große Bandbreite künstlerischer Individualität und Ideenreichtum wie die Glaskunst aus südlichen, westlichen oder östlichen Ländern. Sie kann formvollendet und poetisch sein, experimentierfreudig und fantasievoll, doch immer basiert sie auf Könnerschaft und Professionalität.
Abb.: Karin Mørch, Big Bronze, 2014. (Foto: Ole Akhøj)
(J. Geldmann)
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