
Die Abbildungen zeigen neuzeitliche Glasmalereien im Kontext der Räume, für die sie konzipiert sind. Die durchweg exzellenten Fotos präsentieren die Aura der Räume und ihre gestalteten Fenster in sorgfältig gewählten Blickwinkeln und Lichtverhältnissen. Das Layout ist einfach und übersichtlich bis hinein ins Detail der Typographie. In alphabetischer Ordnung erscheinen die einzelnen Beiträge zu den zahlreichen Dorfkirchen in Sachsen-Anhalt. Zukunftweisend wird dabei nicht unterschieden, wo das Konzept der „Lichtungen“ bereits realisiert wurde oder noch in der Planung ist. Die Publikation dokumentiert den Stand des Projekts, das im Jahre 2013 begann und im Folgejahr seinen Namen erhielt (187 – 197).
Abseits großer Tourismusziele mit bedeutenden Glasmalerei-Gestaltungen wie zum Beispiel Köln (Richter, Lüpertz), Mainz (Chagall), Heidelberg (Santarossa) und Ulm (Kuzio) hat sich in Sachsen-Anhalt ein kleinteiliger Teppich von über 30 Dorfkirchen etabliert, die mit neuzeitlichen Glasmalerei-Gestaltungen um die Gunst der Besucher/innen wetteifern. Die in einem überschaubaren lokalen Zusammenhang stehenden kleinen Landkirchen sind Lichtungen im Wortsinn von Erhellung/Erleuchtung und bilden inzwischen ein Mekka für Glasmalerei-Touristen. Sie tragen bei zu einem wachsenden Markt für „Slow Tourism“, wie Christian Antz in seinem Beitrag (177 – 185) ausführt. Kurator und Mitinitiator der „Lichtungen“, Holger Brülls, charakterisiert in seinem Textbeitrag Tendenzen, Positionen und Stile der in den „Lichtungen“ tätigen Künstlerinnen und Künstler (135 – 153). Autor Albrecht Lindemann skizziert die unterschiedlichen und gelegentlich detailverhafteten restauratorischen Bemühungen in der Vergangenheit und stellt die Chancen der Landkirchen dem gegenüber: Bei ihnen geht es in der Regel um die Gestaltung des gesamten Kirchengebäudes (155 – 166). Ein Literaturverzeichnis (200 – 201) und eine Übersichtskarte zu den einzelnen Dorf- oder Landkirchen beschließen das Buch. Ein druckfehlerfreies Buch ist wahrscheinlich eine Utopie, dennoch überraschen die Seiten 167 und 168 mit zu vielen Druckfehlern und einem unüblichen Gebrauch des Begriffs „Taufe“ anstelle von Taufbecken, Taufstein oder Taufort.
Die Publikation zeigt aktuelle und herausragende Möglichkeiten der Raumgestaltung mit Glasmalerei an der Schnittstelle von Sakralbau und „großer“ Kunst. Es ist als Handbuch zu inspirierenden Glasreisen von nicht zu unterschätzendem Wert. Die Initiative der Anhaltischen Landeskirche ist einmalig. Man wünscht sich, dass sie beispielhaft wird und auf jeden Fall zukunftweisend bleibt.
Brülls/Förster-Wetzel/Lindemann, LICHTUNGEN 2015 – 2025. Glasmalerei der Gegenwart in Anhalts Kirchen. Geb., 208 S., mit zahlr. farb. Abb. ISBN 978-3-7319-1565-2. Preis: 29,95 EUR.
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